Mikronährstoffe

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Dem Mangel auf der Spur

Kein anderes Thema erzeugt so viel Unsicherheit und so viele Widersprüche von Fachleuten wie dieses. Vitaminpräparate sind ein wachsender Markt. Fitnessstudios, Drogerien, Großhandelsketten, Internet- oder Netzwerkvertriebe verdienen Unmengen an diesen Produkten. Während in Apotheken doch großteils qualifiziertes Personal berät, tummeln sich bei den Netzwerk-Vertrieben Hausfrauen, Pensionisten, Sekretärinnen und viele andere Berufe. Nicht ausreichend qualifizierte, auf selbstständiger Basis Beratende machen es kranken Menschen oder Wellness-Suchenden schmackhaft, viel Geld für fragwürdige Nah- rungsergänzungsmittel auszugeben. Es ist keine spezielle Ausbildung nötig, um Ratsuchenden zu „helfen“. Eine Schulung hier, ein Unterstützungstool da: Ein neuer Ernährungsberater ist geboren. Einzige Voraussetzung ist eine ordentliche Portion Motivation.

Aber auch in der Fachwelt gibt es widersprüchliche Meinungen. „Blödsinn“, „Bringt nichts“ „Im besten Fall nützt ́s nichts, im schlimmsten Fall schadet ́s“. Das ist natürlich auch nachvollziehbar. Wenn ich beispielsweise Präparate mit viel Eisen und Selen einnehme, mein Körper aber reich daran ist, jedoch arm an Zink, werde ich maximal das Geschäft unterstützen, aber meinem Körper nichts Gutes tun. Woran erkennt man jedoch einen Mangel an Vitaminen und Spurenelementen? Univ. Prof. DDr. Jörg Birkmayer: „Von außen gar nicht, da muss man schon eine Blutanalyse machen. Aber grobe Anhaltspunkte kann man aus den Symptomen schon erkennen“. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich vor der Einnahme von Vitaminprodukten an eine/n Ganzheitsmediziner/in zu wenden, welche sich mit orthomolekularer Medizin beschäftigen. Laufend gibt es neue Studien zu diesem Thema und der Einsatz von Vitaminen und Spurenelementen sollte genauso gut überlegt werden, wie der Einsatz von Medikamenten.

Leider ist die Versorgung mit Mikronährstoffen in der Medizin immer noch nicht präsent. Wenig wurde im Studium darüber berichtet und die Bedeutung der Mikronährstoffe für viele physiologische Stoffwechselvorgänge wird in der Vorklinik unterrichtet und bald wieder vergessen. Aber auch die Medizin wird sich wandeln. Wir müssen erkennen, dass unser Körper genauso funktioniert, wie jedes andere Ökosystem. Auch die Biolandwirtschaft wurde vor 20 bis 30 Jahren noch belächelt. Aber mittlerweile versteht jeder Hobbygärtner, dass eine Pflanze nur in einem ökologischen Gleichgewicht gedeihen kann. Es braucht Mikronährstoffe in Form von natürlichem Dünger. Eine einseitige Gabe oder ein Mangel bringt keine Qualität hervor. Auch unser Körper kann nur funktionieren, wenn alle Mikronährstoffe ausgewogen vorhanden sind und ihre Funktion im Stoffwechsel wahrnehmen können. Besonders schön sieht man dies an der bedeutenden Wirkung von Vitamin D auf fast alle Organsysteme unseres Körpers. Eine Therapie, egal ob schulmedizinisch oder komplementär, halte ich, ohne Berücksichtigung des Mikronährstoffstatus, als sinnlos. Es wird häufig nur an Symptomen gearbeitet, nicht aber am Milieu. So weiß jeder Gartenbesitzer, dass man Rosen nachhaltig nicht mit Gift von Schädlingen befreien kann. Man muss sich auch überlegen, welcher Dünger die Abwehrkräfte stärkt. Tut man das nicht, wird die Rose irgendwann verkümmern. Als weiteres Argument für die Sinnlosigkeit, Vitaminen und Mineralstoffen Aufmerksamkeit zu schenken, wird von vieler Medizinern angeführt, dass es Mangelerkrankungen in unserer Überflussgesellschaft nicht mehr gibt. Dem ist leider nicht so, wie sich in zahlreichen Laboruntersuchungen bestätigt. Wir haben zwar Nahrungsmittel im Überfluss, aber von oft miserabler Qualität. Wir sind das letzte Glied der Nahrungskette, und wenn durch konventionelle und Großindustrielle Landwirtschaft die Böden ausgelaugt werden, können die nicht mehr vorhandenen Mikronährstoffe kaum bis in unseren Körper gelangen. Beim Vitamin D ist es schlicht unsere Lebensweise. Wir arbeiten großteils in geschlossenen Räumen und da kann das Sonnenlicht einfach nicht genug Vitamin D bilden.

Wichtig ist auch zu wissen, wie die Vitaminpräparate hergestellt werden. Es gibt einen Unterschied in der Wirkung zwischen synthetischen Vitaminen und natürlichen Produkten. Billige Massenwaren sind meist Produkte aus der Erdölchemie oder aus genmanipulierten Mikroorganismen und oft mit gesundheitsschädlichen Zusatzstoffen versetzt. Die Herkunft der Präparate und ihre Zusammensetzung sollte eine wesentliche Entscheidungshilfe bei der Auswahl der Präparate sein. Viele Vitamine oder Spurenelemente benötigen andere Vitamine (als Gegen- oder Mitspieler), um ihre gesundheitsfördernde Wirkung zu entfalten. So benötigt das Vitamin E als wichtiges Antioxidantium das Vitamin C, um sich selbst wieder zu re- generieren.

Nicht jeder Mensch muss seine Nahrung mit Vitaminen und Spurenelementen ergänzen und schon gar nicht sein Leben lang. Aber unsere Lebensweise, Stress, starke körperliche Belastungen, Hormonumstellungen, Erkrankungen und ihre Therapien und eingenommene Medikamente, können zu Vitamin- und Spurenelementemangel führen und sollten nach ärztlicher Untersuchung und Beratung auch ergänzt werden. Es gibt aber auch generell in bestimmten Regionen typische Mängel. So ist Österreich arm an Selen im Boden, arm an Jod (Bergland) und durch einerseits zuwenig Sonne und andererseits zu wenig Meeresfisch leiden die meisten Österreicher unter einem Vitamin D Mangel.

Vitamine und Mineralstoffe kommen im Körper nur in geringer Menge vor. Sie steuern bis zu 50 000 Stoffwechselvorgänge im Organismus, von der Hormon- zur Blutbildung, der Herz- und Hautfunktion bis zu unserem komplexen Immunsystem. Daher kann eine Dysbalance (ein Mangel oder ein Überschuss) für eine Reihe von Funktionsstörungen verantwortlich sein. Die Ursachen dafür können vielschichtig sein: falsche Ernährung, hoch verarbeitete Lebensmittel, konventioneller Anbau, Monokulturen, ausgelaugte Böden, Gemüsezucht auf Substraten, Krankheit, Therapien, Operationen, Medikamente, Stress, Nachtschichten, verstärkte körperliche Beanspruchung, lang anhaltender Durchfall, Verdauungsstörungen, einseitige Diäten aber auch Schwermetallbelastungen (Blei, Kadmium, Quecksilber usw.)

Umweltgifte von Industrie und Autos, tonnenweise in die Umwelt geschleudert, gelangen in unseren Organismus und verdrängen dort chemisch verwandte Spurenelemente aus wichtigen Positionen. Laut Prof. Birkmayer haben wir 100 bis 200 Mal so viel Blei in unseren Knochen wie unsere Großeltern. Das Böse am Blei: Es ist ein Zinkräuber. Ebenso können die Halogene Flour und Brom das Jod verdrängen. Ein Jodmangel verstärkt damit die Schäden aus diesen beiden Schadstoffen.

Die Verabreichung von Vitaminen und Spurenelementen kann einerseits den Zweck haben, einen Mangel auszugleichen, andererseits können diese auch meist höher dosiert auch bei normalen Spiegeln zur Therapie eingesetzt werden (=orthomolekulare Medizin). So etwa Selen bei Ödemen oder in der Krebstherapie das Vitamin C. Wichtig ist jedoch, dies in Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt ihres Vertrauens zu machen. Wahllose Vita- minmischungen halte ich für gefährlich. Eine Blutuntersuchung als Orientierung und Dosierungshilfe empfinde ich als Medizinerin als absolut notwendig. Denn selbstverständlich kann eine Überdosierung, eine unnötige Einnahme oder eine Einnahme zum falschen Zeitpunkt Schaden anrichten. Keinem Menschen kann es angenehm sein, diese Substanzen teuer zu kaufen und zu schlucken, wenn sie nicht gebraucht werden. Wesentlich ist auch die Qualität des Produktes und in welcher chemischen Verbindung das Vitamin oder Mineral vom Körper am besten verstoffwechselt werden kann. Vermeiden Sie deshalb den Kauf von billigen Produkten im Supermarkt.

Wie hoch darf die tägliche Dosierung von Vitaminen und Spurenelementen sein?

Der NOAEL (engl. für No Observed Adverse Effect Level) kann eine Orientierungshilfe in der Dosierung darstellen. Der NOAEL entspricht der höchsten Dosis eines Stoffes in chronischen Studien, bei der keine erhöhten schädigenden und behandlungsbedingten Befunde beobachtet werden. Der NOAEL für einen Stoff bezieht sich immer auf ein bestimmtes biologisches Messverfahren mit einer bestimmten Applikationsform (z. B. oral) und eine bestimmte Tierart. In verschiedenen Verfahren kann ein Stoff somit verschiedene NOAEL-Werte haben.

Arzneimittel als „Vitalstoffräuber“

Arzneimittel können Leiden lindern, Leben retten und heilen. Es gibt jedoch eine Reihe von möglichen Nebenwirkungen, die auf Störungen des Mikronährstoffhaushaltes zurückzuführen sind und in den Beipackzetteln nicht erwähnt werden. Einerseits kann die Resorption beeinträchtigt sein oder es kommt zu einer vermehrten Ausscheidung. Auch beim Abbau verschiedener Arzneistoffe werden verstärkt Mikronährstoffe verbraucht. Besonders Dauermedikamente müssen berücksichtigt werden. So erhöht die Antibabypille den Bedarf an Vitamin B, Vitamin C, Folsäure und Zink. Andere Medikamente können die Aufnahme hemmen. Insbesonder sogenannte „Magenschutz“ Tabletten sind aus Orthomolekularer Sicht sehr problematisch. Sie hemmen die Aufnahme von Eisen, Zink und Magnesium. Weiters können sie zu einer Fehlbesiedelung des Dünndarms führen.